Reformationsstadt Wuppertal
Deutschland
Wuppertal
Die Reformation und ihre Wirkungsgeschichte bis heute
Die Industriestadt an der Wupper ist 1929 durch Zusammenschluss verschiedener kleinerer Städte, darunter Barmen und Elberfeld entstanden. Die Bedeutung Wuppertals liegt weniger in der Reformationszeit des 16. Jahrhunderts. Vielmehr zeigte sich hier im 19. und 20. Jahrhundert die Lebendigkeit und gestalterische Kraft der Reformation unter geänderten politischen und gesellschaftlichen Bedingungen.
Mitte der 1520er Jahre kamen die Orte an der Wupper und im Bergischen Land erstmals mit reformatorischen Gedanken in Kontakt. Der Lehrer Adolf Clarenbach (um 1498-1529) wirkte kurzzeitig in Elberfeld, wurde aber bald wegen seines evangelischen Bekenntnisses vertrieben und 1529 als einer der ersten evangelischen Märtyrer in Köln verbrannt. Der in Elberfeld geborene Pfarrer Petrus Loh (1530-1581) wurde zum eigentlichen Reformator des Bergischen Landes. Als junger Kaplan musste er 1555 wegen seiner reformierten Lehre aus Elberfeld fliehen und fand bei den Grafen von Waldeck Zuflucht. Mit ihrer Unterstützung und durch die finanzielle Absicherung seiner Ehefrau, konnte er als freier Prediger in seine Heimat zurückkehren und setzte hier 1566 die Einführung des Heidelberger Katechismus durch. Die reformierten Gemeinden die unabhängig vom Bekenntnisstand ihres Landesherren, des Herzogs von Berg, entstanden, trugen für ihre Organisation selbst Verantwortung und bildeten 1589 die bergische Synode.
Die obrigkeitsunabhängige Form blieb dem Protestantismus in Wuppertal eigen. Mitte des 19. Jahrhunderts war das Wuppertal Vorreiter der Industrialisierung in Deutschland mit all den einhergehenden sozialen Problemen. Als eine fromme Antwort darauf wurde Elberfeld das Zentrum der Brüderbewegung. Der Volksschullehrer Carl Brockhaus (1822-1899) gründete zur Verbreitung von Evangelisations- und Erbauungsliteratur einen Verlag, in dem er auch die Elberfelder Bibel herausgab. Diese strukturtreue Übersetzung orientiert sich besonders am altsprachlichen Ausgangstext der Bibel. 1854 wurde in Elberfeld die erste Freie evangelische Gemeinde in Deutschland gegründet.
Als im 20. Jahrhundert der nationalsozialistische totalitäre Staat in Gestalt der „Deutschen Christen“ seinen Einfluss auch auf die Kirche ausweiten wollte, versammelte sich im Mai 1934 in Barmen die erste Deutsche Bekenntnissynode. In der dort formulierten Barmer Theologischen Erklärung einigten sich in Abgrenzung zur NS-Ideologie erstmals lutherische, reformierte und unierte Christen auf eine gemeinsame Formulierung ihres Glaubens. Die Erkenntnis, dass man die Ausbildung des Pfarrernachwuchses nicht den staatlichen – vom Nationalsozialismus beeinflussten – Universitäten überlassen durfte, veranlasste die Bekennende Kirche 1935 dazu, eine unabhängige Kirchliche Hochschule in Wuppertal zu gründen. Trotz des sofortigen Verbots durch die Machthaber konnte dort bis zum Frühjahr 1941 der Pfarrernachwuchs illegal ausgebildet werden.
Bedenkt man die Bedeutung der Barmer Theologischen Erklärung im Blick auf die in ihr aufgenommenen Impulse aus der Reformation und zudem als Meilenstein für die Entstehung und Entwicklung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, dann kann man Wuppertal ohne Frage als eine europäische Reformationsstadt bezeichnen. Hier trat immer wieder die Frage nach der Bedeutung des aktuellen Bekennens des christlichen Glaubens angesichts unterschiedlicher staatlicher und gesellschaftlicher Systeme auf.
Links
Stadt Wuppertal www.wuppertal.de
Evangelisch in Wuppertal www.evangelisch-wtal.de
Ausstellung „Barmer Theologische Erklärung“ www.evangelisch-wuppertal.de/cms/media/pdf/exopse_gelebte_reformation.pdf
Evangelische Kirche im Rheinland www.ekir.de