Reformationsstadt Wolfsburg
Deutschland
Wolfsburg
Wolfsburg – jung und von alters her tolerant
Wolfsburg gilt als eine der bedeutendsten Stadtneugründungen des 20. Jahrhunderts in Mitteleuropa. Die fünftgrößte Stadt Niedersachsens verdankt ihre Gründung dem Entstehen des Volkswagenwerkes. Eingebettet in zwei große Landschaften, im Süden der Harz und im Nordwesten die Lüneburger Heide, entstand in nur drei Generationen ein dynamischer Wirtschaftsstandort. In der modernen und weltoffenen Großstadt leben heute mehr als 125.000 Einwohner.
Hans von Bartensleben (ca. 1512- 1583), der Verfasser des Toleranzvertrages von 1555, trug den Beinamen „Hans der Reiche“ und war eine der herausragenden Persönlichkeiten aus dem Adelsgeschlecht von Bartensleben, die seit 1302 ihren Stammsitz auf Schloss Wolfsburg hatten. Seine Familie war u.a. durch Getreideanbau, Fischzucht und Holzhandel zu einem beträchtlichen Vermögen gekommen. Hans von Bartensleben, der selbst sehr bescheiden lebte, brachte einen Großteil seines Vermögens in eine denkwürdige Armenstiftung ein, die nahezu 300 Jahre bestand.
Mitten zwischen den beiden Herzogtümern Braunschweig- Wolfenbüttel und Braunschweig-Lüneburg „saßen“ die Bartensleben auf der Wolfsburg und waren beiden Herzögen lehnspflichtig. Herzog Heinrich der Jüngere (ca. 1489 -1568) als Regent des Herzogtums Braunschweig-Wolfenbüttel war als einer der wenigen Fürsten im Norden katholisch. Der in Celle residierende Ernst der „Bekenner“ (1497 -1546) von Braunschweig-Lüneburg hatte sich schon seit 1525 zum evangelischen Glauben bekannt.
Hans der “Reiche“ war von den religiösen Veränderungen während der Reformation nicht unberührt geblieben. Die Familie von Bartensleben war in Fragen des Glaubensbekenntnisses lange Zeit untereinander uneins und gespalten. Einige von ihnen waren bereits zum lutherischen Glauben übergetreten, während Hans und sein Vetter Busso noch längere Zeit katholisch blieben. Erst kurz vor seinem Tod trat Hans von Bartensleben zum evangelischen Glauben über.
Der „Toleranzvertrag“ regelte für alle Familienzweige und die Untertanen auf gütliche Weise das Nebeneinander beider Konfessionen. Neben der Festlegung der Gottesdienste für die beiden Glaubensrichtungen wurde beschlossen, das gesamte Gemeindevermögen zu teilen, die eine Hälfte dem evangelischen Prediger und die andere Hälfte dem katholischen Pfarrer zu überlassen. Über die Teilung und Benutzung der Messgewänder, der Kelche und der übrigen Kirchenkleinodien sollte ein besonderer Vertrag das Nötige regeln.
Kein Familienmitglied und auch nicht die Ehepartner untereinander sollten sich bei Androhung von Strafen vorschreiben lassen, ob sie sich zum katholischen oder evangelischen Glauben bekennen wollten, „damit Friede und Einigkeit erhalten und keine Zwietracht gestiftet werde“. Auch für die Bediensteten und Bauern hatte die ungehinderte Glaubensfreiheit zu gelten.
Der am 3. Juli 1555 geschlossene Vertrag nimmt gewissermaßen den einige Wochen später, am 25. September 1555 für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation geschlossenen „Augsburger Religionsfrieden“ vorweg. Er gilt als sehr fortschrittlich und ist ein sehr frühes Beispiel dafür, wie die Verwirklichung des Religionsfriedens „vor Ort“ praktisch aussehen kann.
Links
Stadt Wolfsburg : www.wolfsburg.de
Tourismus : www.wolfsburg.de/tourismus
Evangelisch-Lutherischer Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen : www.kirche-wolfsburg-wittingen.de
Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers : www.landeskirche-hannovers.de