Reformationsstadt Nantes

Frankreich

Nantes

Stadt des Edikts und ohne Toleranz

Die französische Stadt an der Mündung der Loire blickt auf eine bis in die Römerzeit reichende Geschichte zurück. Die Christianisierung erfolgte im 3. Jahrhundert. Im Mittelalter wurde die Nantes zur Hauptstadt des Herzogtums der Bretagne. Sehenswert in der Altstadt ist die Kathedrale spätgotischen Stils Saint-Pierre.
Untrennbar mit der Stadt verbunden ist die geschichtliche Erinnerung an das Toleranzedikt von Nantes aus dem Jahr 1598. Das Edikt setzte einen Schlusspunkt hinter die Religionskriege in Frankreich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und gewährte den Protestanten zumindest vorübergehend elementare Grundrechte – mit Ausnahme in Nantes.
Bereits seit den 1520er und 30er Jahren hatten sich in Frankreich reformatorisch gesinnte Gemeinden gebildet. Auch in Nantes gab es Anfang der 1530er Jahre eine reformatorische Bewegung. Verfolgung und phasenweise Duldung dieser Gemeinden wechselten einander ab. Seit den 40er Jahren erfuhren die Verfolgungen jedoch Verschärfungen. Dennoch hatte sich der Protestantismus, vor allem unter dem Einfluss Johannes Calvins kontinuierlich ausbreiten können. 1555 entstand eine reformierte Kirche in Paris, fünf Jahre danach hatten sich mehr als 70 protestantische Gemeinden in Frankreich entwickelt.
Die Reformation, die zu Anfang von Handwerkern und Kaufleuten getragen war, wandte sich mehr und mehr dem Adel und schließlich auch dem Hochadel zu. 1559 entschied sich die erste Nationalsynode dieser auch offiziell „Hugenotten“ genannten Gruppe für ein von Calvin beeinflusstes Glaubensbekenntnis.
Um 1560 gab es auch eine Gemeinde in Nantes, in der Antoine Bachelard, ein Pfarrer aus Genf angestellt war. Im Jahr darauf kam es zu einem Aufruhr in der Kathedrale. Mehrere hundert Hugenotten wurden daraufhin zur Flucht in die nahegelegene Stadt Blain gezwungen.
In den Jahren zwischen 1562 und 1598 kam es in Frankreich zu einer Reihe von acht Bürgerkriegen, in denen die Hugenotten, die zu einer auch militärisch starken politischen Partei geworden waren, und die Katholiken um die Vormachtstellung in Frankreich kämpften. 1570 konnten von den Hugenotten vier Schutzzonen, die unter ihrer Kontrolle standen, ausgehandelt werden. Dann jedoch folgte das Blutbad an den Hugenotten in der sogenannten „Bartholmäusnacht“ am 24. August 1582. Mehrere zehntausend Protestanten, darunter fast die gesamte Führungsschicht, wurden damals Opfer von Massakern, die in Frankreich stattfanden. Offenbar waren die Hugenotten in Nantes im Unterschied zu anderen Städten in der Bretagne jedoch nicht davon betroffen. Danach gegen Ende des 16. Jahrhunderts geriet die Stadt unter der Herrschaft des Gouverneurs der Bretagne Phillippe Emmanuelle de Mercœr ganz unter katholischer Kontrolle mit der Folge, dass sich die Spur des Protestantismus während dieser Zeit in der Stadt verliert.
Erst mit der Thronbesteigung des Hugenotten Heinrich IV. fanden die Religionskriege ein Ende. Er legte mit dem am 13. April 1598 erlassenen Edikt von Nantes die Grundlage für einen religionspolitischen Frieden in dem Land, das jahrzehntelang von konfessionellem Hass und blutiger Feindschaft aufgerieben war. Das Edikt gewährte den Hugenotten allgemeine Duldung und Gewissensfreiheit, die Zulassung eines öffentlichen reformierten Gottesdienstes an festgelegten Orten, die Erlaubnis zum Bau von Gotteshäusern („temples“ genannt), die Einrichtung eigener Friedhöfe. Es garantierte bürgerliche Rechte und Rechtsschutz, schließlich auch das Recht, Schulen und Akademien zu gründen.
In der vom katholischen Adel regierten Stadt Nantes fand das Edikt allerdings keine Anwendung. Hier waren die reformierten Gläubigen nicht toleriert, sondern fortgesetzt gewalttätigen Hassaktionen ausgesetzt.
Für einige Jahrzehnte sicherte das Edikt von Nantes in den übrigen Landesteilen den Frieden, bis es in den 1620er Jahren zu neuen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Konfessionen kam. Die systematische Zurückdrängung des Protestantismus gipfelte schließlich in dem Edikt von Fontainebleau 1685, mit dem der französische König Ludwig XIV. das Edikt von Nantes widerrief und eine große Zahl von Protestanten ins Exil trieb. Erst 1789 wurde den Hugenotten in Frankreich wieder Religionsfreiheit und zivile Rechte gewährt. Ab 1805 konnten die Protestanten in Nantes wieder ihre Gottesdienste feiern.
Zur Ausgestaltung des Reformationsjubiläums arbeiten in Nantes Partner aus Stadt, der Protestantischen und katholischen Kirche, der Universität und den Museen in der Organisation „Culture Evénements Patrimoine Protestants en Loire-Atlantique“ (CEPP-LA) zusammen.

Johanna Rolland

Bürgermeisterin, Nantes

Links

Stadt Nantes: www.nantes.fr
Tourismus: www.nantes-tourisme.com
Veranstaltungen zum Reformationsjubiläum: www.nantes-evenements-protestants.fr
Eglise protestante unie de Loire Atlantique: eglise-reformee-loire-atlantique.org
Eglise protestante unie de France: www.eglise-protestante-unie.fr