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Reformationsstadt Riga

Lettland

Riga

Die neue Lehre kam über die Ostsee

Riga, die Hauptstadt Lettlands, ist die größte Stadt des Baltikums und liegt an der Mündung der Düna in die Ostsee. Die alte Hansestadt beeindruckt durch das gut erhaltene mittelalterliche Zentrum mit bedeutenden Sakralbauten und eine Reihe von Jugendstilbauten aus der neueren Baugeschichte.
Riga gehörte im Mittelalter neben Reval zur historischen Landschaft Livland, die etwa die heutigen Staaten Lettland und Estland umfasste. Während dieser Zeit war die Stadt Sitz des Ordensmeisters des Deutschen Ordens in Livland. Im 13. Jahrhundert wurde sie auch zum Erzbistum erhoben. Die livländischen Hansestädte waren sprachlich, kulturell und politisch von deutschen Kaufleuten geprägt und profitierten vom Russland-Handel. Dadurch ergaben sich enge Beziehungen zu den Städten im Reich. Über die Handelsverbindungen hinaus gab es auch einen kulturellen Austausch, der es mit sich brachte, dass das reformatorische Schrifttums sehr schnell und frühzeitig den Weg über die Ostsee in die Hafenstadt Riga fanden.
In Riga begann die Reformation denn auch sehr früh. Ihre Ideen wurden zuerst von Andreas Knopken (1668-1539) in seinen Predigten verbreitet. Knopken hatte vorher als Gehilfe Johannes Bugenhagens an der Stadtschule im pommerschen Treptow an der Rega unterrichtet und einen eigenständigen Weg zur Lehre Luthers gefunden. 1521 zog er nach Riga, wo er sich schon vorher aufgehalten hatte und sein Bruder als Domherr lebte. Der Rat veranlasste 1522 Knopken, in der Petrikirche eine öffentliche Disputation abzuhalten. Die Ratsherren waren anwesend und machten so ihre Sympathie für die neue Lehre vor den Augen der Öffentlichkeit deutlich. Der Ausgang brachte die Entscheidung für die Reformation, und der Rat setzte sich sogleich an die Spitze der Bewegung. Die sie tragende soziale Kraft wurde das städtische Bürgertum, das aus Rat und Gilden bestand. Letztere bestanden in Riga aus den Zusammenschlüssen der Handwerkerzünfte und denen der Kaufleute.
Noch im selben Jahr 1522 setzte der Rigaer Rat das Recht durch, die Prediger an den städtischen Kirchen zu berufen. Auch die Verfügung über die Kirchengebäude, die Kirchenfinanzen sowie die Armen-, Alten und Krankenfürsorge in der Stadt beanspruchte nun der Rat. Damit war Riga eine der ersten Städte, die ein evangelisches Kirchenregiment einführten – noch vor Nürnberg und Straßburg und gleichzeitig mit Zürich. Zugleich hatte sich eine evangelische Gemeinde gebildet und Knopken wurde zum Prediger an der Petrikirche eingesetzt. In den zeitgenössischen Quellen wird Knopken als ein zurückhaltender Mann, als ein milder Charakter geschildert. 1522 kam ein jüngerer, dezidierterer Prediger, Silvester Tegetmeyer (gest. 1152), der Kaplan in Rostock gewesen war, nach Riga. Er war radikaler in der Kritik an der alten Kirche. Im Gottesdienst verzichtete er auf priesterliche Gewänder und Liturgie. Der Rat setzte ihn offiziell als Prediger an der Jakobikirche ein. Hier wurde die erste lettische lutherische Gemeinde geründet.
1522 hatte der Rigaer Stadtschreiber an Luther persönlich geschrieben und über die Hinwendung der Stadt zu seiner Lehre berichtet. Luther antwortete nicht sofort, schickte aber im Jahr darauf einen gedruckten Sendbrief und widmete dem Rat 1524 eine gedruckte Auslegung eines Psalms.
1524 kam es zum Konflikt mit dem Erzbischof von Riga, der von Kaiser Karl V. die die schriftliche Genehmigung zur Bekämpfung der Reformation erwirkt hatte. Der Konflikt endete mit der Erstürmung des Franziskanerklosters, einem Bildersturm in Rigas Kirchen und der Übergabe des gesamten Kirchenschatzes an den Rat.
1526 ernannte der Rat den ehemaligen Franziskaner Johannes Briesmann (1488-1549), der zum Schüler und Mitarbeiter Luthers geworden war, zum Prediger an der Domkirche. Durch ihn erhielt die Stadt eine Kirchenordnung, die weithin Verbreitung im lutherischen Norddeutschland fand.
1527 wurde Jacobus Battus (um 1490-1546), der aus den Niederlanden stammte, zum Rektor der alten Domschule berufen. Er organisierte ihre Umwandlung zur ersten evangelischen Schule in Livland und wurde 1543 zum Superintendenten ernannt. Bis 1918 stand in Riga an der Spitze der lutherischen Kirche ein Generalsuperintendent, seit 1922 ein Bischof und seit 1932 ein Erzbischof.
Die städtische Bibliothek mit mittelalterliche Handschriften und Werken aus der Reformationszeit, die vom 16. bis zum 19. Jahrhundert in der Domkirche untergebracht war, gilt heute als die älteste wissenschaftliche Bibliothek im gesamten Ostseeraum.

Nils Ušakovs

Bürgermeister, Riga

Links

Stadt Riga: www.riga.lv
Tourismus: www.riga.com
Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands: www.lelb.lv
Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in Lettland: www.kirche.lv